Implantologische Indikationen für die Anwendung von Knochenersatz-Materialien
Stand dieser S2K-Leitlinie: Juli 2020. Sie ist gültig bis Juni 2025

Über diese Leitlinie
Die Atrophie der Kiefer kann verschiedene Ursachen haben, etwa Zahnverlust, Parodontitis oder die natürliche Resorption durch die Alterung des Patienten. Die Folge ist ein reduziertes Angebot von Hart- und Weichgewebe, das eine Implantation unmöglich machen kann. Wenn das vorhandene Gewebe nicht ausreicht, muss durch augmentative Maßnahmen das Volumen vermehrt werden.
Zwar können verkürzte und durchmesserreduzierte Implantate in vielen Fällen den Augmentationsbedarf reduzieren. Allerdings muss auch für diese Implantate ein ausreichendes Knochenangebot vorhanden sein und es müssen die speziellen Indikationen der entsprechenden Implantate beachtet werden. Das im Einzelfall notwendige Knochenvolumen zu bestimmen, obliegt dem Behandler.
Aufgrund des Bestrebens, den Zweiteingriff zur Gewinnung autologer Knochentransplantate für implantologische Zwecke zu vermeiden, ist das Interesse an Knochenersatzmaterialien in den vergangenen Jahren stetig gestiegen.
Eine steigende Zahl wissenschaftlicher Untersuchungen im Bereich der Grundlagenforschung, präklinischer und klinischer Forschung zur Wirkung unterschiedlicher Knochenersatzmaterialien war die Folge. Generell ist jedoch die Datenlage aus vergleichenden klinischen Studien schmal.
Seit dem Jahr 2000 werden zumindest Studien im klinisch relevanten Großtiermodell unter repräsentativer Operationstechnik für die Zulassung neuer Knochensatzmaterialien und damit dem Einsatz am Patienten gefordert. Zusätzlich erfordern jüngste EU-Bestimmungen das Vorlegen von klinischen Studiendaten für die Re-Zertifizierung der Produkte alle 5 Jahre.
Da der behandelnde Arzt und Zahnarzt wie bei Arzneimitteln der Rezeptierende ist, der dem Patienten gegenüber für seine Auswahlentscheidung und die Risiko-Nutzen-Abwägung in der Verantwortung steht, ist es für den Anwender von Knochenersatzmaterialien zwingend notwendig, sich ähnlich wie bei dem Einsatz von Arzneimitteln mit den Wirkprinzipien, der Abbau- und Knochenneubildungskinetik sowie mit möglichen Interaktionen zwischen Empfängerorganismus und dem eingesetzten Material auseinanderzusetzen und darüber ausreichend informiert zu sein.
Diesem Aspekt kommt bei Anwendung von Implantaten und Implantatmaterialien einschließlich Knochenersatzmaterialien eine noch größere Bedeutung als bei Pharmaka zu, da diese Materialien wesentlich länger als Pharmaka und zum Teil sogar permanent im Organismus verbleiben und eine zeitgemäße Medizin und damit ein verantwortungsbewusster Einsatz von Knochenersatzmaterialien am Patienten evidenzbasiert und nicht rein empirisch sein muss.
Im Rahmen der vorliegenden Leitlinie werden daher verschiedene augmentative Maßnahmen der verschiedenen Gruppen heute verfügbarer Knochenersatzmaterialien identifiziert und nach ihrer Wirkung, Indikation und klinischen Evidenz vorgestellt.
Koordination der Leitlinie

Univ.-Prof. Dr. Dr.
Bilal
Al-Nawas
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – Plastische Operationen (MKG) der Universitätsmedizin Mainz
Autoren der Leitlinie
Markus Tröltzsch
Peer W. Kämmerer
Andreas Pabst
Matthias Tröltzsch
Philipp Kauffmann
Eik Schiegnitz
Phillipp Brockmeyer
Bilal Al-Nawas
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Weiterführende Literatur
Implantologische Indikationen für die Anwendung von Knochenersatzmaterialien
Markus Tröltzsch, Peer W. Kämmerer, Andreas Pabst, Matthias Tröltzsch, Philipp Kauffmann,
Eik Schiegnitz, Phillipp Brockmeyer, Bilal Al-Nawas
Zahnärztliche Mitteilungen · 2021-04 vom 16.02.2021
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nach dem Regelwerk der AWMF