Wann ist der beste Zeitpunkt für die Korrektur von behandlungsbedürftigen Zahnfehlstellungen? Das ist der Kernpunkt der ersten deutschen Leitlinie im Bereich der Kieferorthopädie, die kürzlich veröffentlicht wurde. Eine große deutsche Zahnärzte-Zeitung hat mit den Leitern der Leitlinien-Arbeitsgruppe Hintergründe geklärt und die Ergebnisse vorgestellt. Wissenschaftlich verfügbares Wissen, gewonnen aus der Prüfung zahlreicher aktueller relevanter Studien, wird in Handlungsempfehlungen für den praktischen Einsatz übersetzt – so beschreibt beispielsweise Prof. Dr. Christopher J. Lux (Universität Heidelberg) Aufgabe und Ziel der Leitlinienarbeit. Es werde bewusst von „Empfehlungen“ gesprochen und nicht von Vorgaben, da ein Korridor bleiben müsse für patientenindividuelle Entscheidungen von Praxisteams und Patienten. Zu den formulierten Empfehlungen gehört beispielsweise die Rolle der Frühbehandlung: Wird zu spät in die Wachstumsentwicklung eingegriffen, können sich in der Folge Anzahl und auch Schwere der Behandlungsfälle erhöhen. Die Studienlage belegt, dass eine sogenannte Klasse-II-Frühbehandlung Verbesserungen bringt hinsichtlich der Knochenentwicklung, der Zahnstellungs- und Zahnbettentwicklung und nicht zuletzt der natürlich-ästhetischen Harmonie der Zahnpositionen im Kiefer. Ein rechtzeitiges Eingreifen beispielsweise in die fehllaufende Entwicklung mit zu weit vorstehenden Oberkiefer-Frontzähnen kann das Risiko für erhebliche Zahnschäden durch einen Sturz oder Stoß minimieren und zu einer mundgesunden Entwicklung beitragen. Eine frühe Behandlung mit eher konservativen Verfahren kann eine spätere sehr aufwändige Behandlung mit kombinierten intensiven Verfahren vermeiden. Die neue Leitlinie ist nicht nur für Kieferorthopäden interessant, sondern auch für Logopäden, Kinderärzte und Hals-Nasen-Ohrenärzte.

- 8. August 2023