Brasilien: Studie belegt Gewalt gegen Zahnärztinnen

Übergriffe erleben auch hierzulande nicht wenige Mitarbeiter von Hilfsdiensten, in Arzt- und Zahnarztpraxen: Laut Deutschem Ärzteblatt würden täglich durchschnittlich 75 gewalttätige Vorfälle in Arztpraxen gemeldet, außerdem rund 2870 Fälle verbaler Gewalt. Fast jeder zweite der 1700 an der entsprechenden Umfrage teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte wurde in den zurückliegenden drei Jahren persönlich bedroht oder angegriffen. Damit ist die Situation hierzulande trotz allem noch besser als in Brasilien: Dort wurden jüngst 165 Zahnärztinnen in einem besonders bevölkerungsreichen Bundesstaat zu ihren Erfahrungen befragt. Über 60 Prozent von ihnen gaben dabei an, während der Arbeit angegriffen worden zu sein – entweder von Patienten selbst oder sie begleitenden Menschen. Versuche der Einschüchterung bis hin zu Stalking schilderten vier von fünf Zahnärztinnen. Für die im öffentlichen Dienst Tätigen war die Gefahr der Übergriffe dabei höher als für ihre Kolleginnen in der Privatpraxis. Insbesondere Begleitpersonen seien dabei auffällig geworden. Die Studie zeigte zudem Schwachstellen auf, die sich als Risiko erwiesen, darunter Praxen ohne besetzte Kontrolle am Eingang, bei Nachtarbeit und wenn die Zahnärztin allein in der Praxis war. Die letzten beiden Punkte kennt auch die Bundeszahnärztekammer hierzulande: Nacht- und Notdienst wird von Zahnärztinnen inzwischen als deutliches Risiko empfunden, manche von ihnen delegieren ihre Verpflichtung, auch für solche Einsätze zur Verfügung zu stehen, inzwischen an männliche Kollegen.

Mund: Spiegel der Seele

Dass Seele und Zähne eng zusammenhängen, wissen die Zahnärzte – und auch viele Psychotherapeuten – schon lange: Bereits im Jahr 2006 haben daher die Zahnärztekammer Berlin und die Psychotherapeutenkammer Berlin erstmals in Deutschland eine gemeinsame und kostenlose Sprechstunde entwickelt, die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung organisiert und begleitet wurde. Unter dem Begriff „Seele und Zähne“ ging es um psychische Belastungen, die zu Folgen im Mund führen können wie beispielsweise Knirschen, Zähnepressen und Schäden am Kiefergelenk – und darüberhinaus zu Kopf- und Gesichtsschmerzen, Migräne und Schlafstörungen. Stressbelastung reduziere den Speichelfluss und erhöhe das Risiko für eine Kariesentwicklung erheblich. Damals schätzte man den Anteil an Zahn-Patienten mit gleichzeitiger psychischer Belastung auf rund ein Fünftel der Praxisbesucher. Dies zu wissen und entsprechend zu berücksichtigen, führe zu einer Verbesserung der zahnärztlichen Behandlung, da sie Fehlbehandlungen vermeide, die auf psychischen Herausforderungen und Erkrankungen basierten und daher allein zahnmedizinisch nicht erfolgreich therapierbar seien. Was vor rund 20 Jahren bereits Alltag in der zahnmedizinischen Versorgung war, hat jetzt eine aktuelle Studie indischer Wissenschaftler bestätigt – was vor allem zeigt, dass sich am Bedarf spezifischer Patientenbetreuung nichts geändert hat: Fast jeder dritte Patient in einer Zahnarztpraxis leide unter einer nicht erkannten / nicht behandelten psychischen Belastung oder Erkrankung. Zurückzuführen seien die entsprechenden Symptome im Mundbereich vor allem auf Stress. Die indischen Forscher erweiterten die Liste bekannter entsprechender Zusammenhänge beispielsweise um wiederkehrende Aphten, Oralen Lichen planus (Mundschleimhauterkrankung), Schleimhautverletzungen durch Beißen und Saugen sowie Phantomzahnschmerzen. Zudem könne eine schlechte Mundgesundheit ihrerseits zu seelischen Belastungen und Stress führen. Die Notwendigkeit gemeinsamer Behandlung von „Seele und Zähne“ ist also jüngst erneut bestätigt. Solcherart Spezialsprechstunden werden in Deutschland mittlerweile von einigen Landeszahnärztekammern angeboten.

Weltall: schlecht für Mundgesundheit

Offenbar gehen zahnmedizinische Wissenschaftler davon aus, dass Menschen in Zukunft mehr Zeit im Weltraum verbringen werden: Damit begründete jedenfalls eine Forschergruppe aus den arabischen Emiraten ihre Studienarbeit zu Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf die Mundgesundheit, insbesondere hinsichtlich der Konsequenzen bei Vorhandensein einer Parodontitis (Zahnbettinfektion). An einer männlichen Mäusegruppe simulierten die Wissenschaftler den Zustand von Schwerelosigkeit und beobachteten, wie sich die Entzündung entwickelte. Zum Vergleich blieb eine Mäusegruppe „am Boden“, die andere befand sich in einem simulierten Weltraum. Ergebnis: Die in Schwerelosigkeit gehaltenen Mäuse wiesen zum Testende einen höheren Attachmentverlust auf, also Lockerung von Gewebe rund um den Zahn. Sie hatten stärkere Zahnfleischentzündungen und deutlich stärkeren Kieferknochenverlust. Insgesamt fanden die Forschergruppe deutlich mehr Krankheitsmarker, mehr Gewebeschäden und mehr Immunzellen in den untersuchten Bereichen. Zukünftige Weltraum-Reisende benötigten daher maßgeschneiderte Vorbeugemaßnahmen. Allerdings seien dies Ergebnisse einer eher kleinen Stichprobe – eine erneute Prüfung der Zusammenhänge in größerem Rahmen mache nach den erzielten Ergebnissen Sinn.

Milchzahnalter: zu wenig Kontrolltermine

Es gibt offenbar noch immer Eltern, denen die Bedeutung der Milchzähne für die Mundgesundheit und gesamtkörperliche Entwicklung ihres Kindes nicht bewusst ist: Wie eine entsprechende aktuelle Datenerhebung der Barmer-Krankenkasse für das Land Mecklenburg-Vorpommern zeigt, nimmt etwa die Hälfte aller Eltern von Kindern unter 10 Jahren das kostenlose Angebot regelmäßiger Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt nicht wahr. Zwei von drei Kindern unter vier Jahren erhalten keine Mundgesundheitsvorsorge-Untersuchung. Das ist dennoch ein Fortschritt: Die frühe Vorsorgeleistung werde mehr in Anspruch genommen als in den Vorjahren, so ein Sprecher der Krankenkasse. Seit 2019 sei ein Drittel aller Unter-Vier-Jährigen mehr zu den Prophylaxe-Terminen gekommen – das zeige, dass das Bewusstsein unter den Eltern, wie wichtig diese Untersuchungen sind, steige. Bei denen, die diese Termine bisher nicht wahrnehmen, herrsche oft die Einstellung vor, Milchzähne fielen ja sowieso wieder aus. Karies sei da insofern kein größeres Problem. Dabei werde übersehen, dass ein gesundes Milchzahngebiss die Grundlage für gesunde bleibende Zähne ist, zudem führten durch Karies wegfaulende Milchzähne zu weiteren Konsequenzen für die gesunde Entwicklung der Kinder, von Störungen der Sprachentwicklung bis hin zu Infektionen und Abszessen. Ab 2026 seien zahnärztliche Untersuchungen Teil des „Gelben Heftes“ mit allen Vorsorgeterminen – die Krankenkasse verspreche sich dadurch eine weitere Verbesserung der Annahme der Kontrolluntersuchungen.

Immer seltener: „Herr Doktor“

Waren zu Beginn dieses Jahrhunderts die männlichen Zahnmedizin-Studierenden in deutlicher Überzahl (rund zwei Drittel Männer), hat sich seither eine große Verschiebung ergeben: Manche Universitäten weisen in einzelnen Studiengängen bereits 100 % weibliche Studierende aus. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Zahnarztpraxen: Mittlerweile sind 49 % aller zahnärztlich tätigen Zahnärzte (ohne Zahnärzte in Industrie, Verwaltung oder sonstigen Einrichtungen) weiblich. Bei den unter 35 Jahre alten Zahnärzten sind inzwischen fast zwei Drittel weiblich, bei Studiums-Abschluss sind es über 66 Prozent. Mit diesen Veränderungen einher geht auch die Entwicklung in der Berufsausübung, wie das aktuelle Statistische Jahrbuch der Bundeszahnärztekammer zeigt: Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen eröffnen Zahnärztinnen seltener eine eigene Praxis und sind öfter als Angestellte in einer bestehenden Zahnarztpraxis tätig. Der Entwicklung zugrunde liegen Änderungen im Vertragszahnarztrecht von 2007, die den Zahnärzten erlaubten, bis zu drei Kolleginnen und Kollegen in Anstellung zu beschäftigen. Seit 2019 ist diese Grenze weiter geöffnet worden. Die steigende Anzahl der weiblichen Zahnmedizinstudierenden hing nicht zuletzt mit dem Numerus clausus des Studienfaches zusammen: Die damaligen Bewerbungs-Institute für einen Studienplatz sahen unter den Einser-Abiturienten deutlich mehr Frauen als Männer. Untersuchungen zeigen, dass Zahnärztinnen in Anstellung davon ausgehen, bei dieser Form der Tätigkeit leichter Beruf und Familie vereinen zu können – ein Trend, dem sich inzwischen auch immer mehr junge männliche Zahnärzte anschließen.

Zahnwurzelentzündung: Omega3 und Sport

Wenn Bakterien die Zahnwurzel erreicht haben, führen sie besonders an der Wurzelspitze oft zu chronischen Entzündungen – sie greifen das umliegende Gewebe und den Kieferknochen an (apikale Parodontitis) und sind nicht leicht in den Griff zu bekommen. Eine große Rolle spielt daher die körpereigene Infektionsabwehr, das Immunsystem. Ist es in der Lage, die Entzündung wenigstens einzudämmen und im Griff zu halten, ist schon viel gewonnen. Insofern ist es interessant zu wissen, was man dem Immunsystem „geben“ muss, damit es hier erfolgreich arbeiten kann. Brasilianische Wissenschaftler haben sich mit genau dieser Frage befasst. Ihre Antwort: sportliche Aktivität plus Omega3-Zufuhr. Die an Ratten gemachte Studie ergab, dass schon allein ein bisschen regelmäßiges Schwimmen die Entzündungsaktivität abbremsen konnte. In der Studiengruppe, die zusätzliche Omega3-Präparate bekam, war das Ergebnis noch einmal deutlich besser, insbesondere die Anzahl der am Knochenabbau beteiligten Zellen war gesunken und die Regeneration des entzündeten Gewebes verbessert. Das Ergebnis belegt damit, dass Änderungen im Lebensstil – hier im Bereich sportliche Aktivität und Ernährungsverhalten – deutlichen Einfluss gerade bei chronischen Entzündungsprozessen haben.

Schmerzmittel: demnächst aus Plastikmüll?

Es wird vermutlich wenige Haushalte geben, in denen nicht ein Anti-Schmerz-Mittel im Arzneischrank liegt. Freiverkäufliche Produkte wie Paracetamol werden auch bei Zahnschmerzen genutzt. Der Verbrauch an solchen Analgetika ist erheblich. Da kommt die Arbeit einer schottischen Wissenschaftler-Gruppe gerade recht: Sie haben erfolgreich PET-Flaschen mit bestimmten Bakterien zusammengetan und dabei den Wirkstoff Paracetamol gewonnen. Die Kolibakterien (Escherichia coli / E. coli), die man bisher eher in Verbindung mit starkem Durchfall oder Blutvergiftung kannte, wurden für den Versuch entsprechend genetisch verändert, die PET-Flaschen wurden in ihre chemischen Grundstoffe zerlegt. Dann folgten einige biochemische Vorgänge, Enzyme und spezielle Pilze wurden zugesetzt. Das Ergebnis: über 90 Prozent des Mixes bestand aus Paracetamol. Die Herstellung erfolgt nahezu CO2-neutral, zudem in Zimmertemperatur, und vermindert den weltweiten Plastikflaschenmüll. Technische Biologie und biokompatible Chemie, so die Wissenschaftler, könnten heute nachhaltige und umweltfreundliche Bioprozesse vorantreiben.

Zahnverlust: früher normal, heute Ausnahme

Zu den spannenden Ergebnissen der aktuellen VI. Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS) seitens des wissenschaftlichen Institutes der Deutschen Zahnärzte (IDZ) gehören die Entwicklungen im Bereich Zahnverlust. Während es früher als normal galt, dass Menschen im höheren Alter nur noch wenige oder gar keine eigenen Zähne mehr hatten, hat sich die Situation deutlich verbessert. Die Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen, als „jüngere Seniorinnen und Senioren“ bezeichnet, zeigte im Jahr 1997, zum Start der Deutschen Mundgesundheitsstudien, durchschnittlich 17,6 fehlende Zähne, heute sind es nur noch 8,7. Die Zahnverlustrate hat sich in diesem Zeitraum also halbiert. Vollständigen Zahnverlust sehen die Zahnärzte heute kaum noch. Um das Jahr 2000 herum waren noch rund 23 % der Seniorinnen und Senioren ganz ohne eigene Zähne, heute sind es 5 % ¬– und 7 % sind sogar inzwischen vollbezahnt. Der Erfolg, so das DMS-Team, geht auf die deutlich genutzten Präventionsangebote der Zahnärzteschaft zurück, aber auch Bildung spielt eine große Rolle: In der im Blick stehenden Altersgruppe sind unter denen mit hohem Bildungsgrad 13 % vollbezahnt, in der niedrigen Bildungsgruppe nur 4 %. Auch eine Migrationsgeschichte erhöht die Durchschnittszahlen für Zahnverlust: Mehr als doppelt so viele Menschen mit Migrationshintergrund sind komplett zahnlos im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne diese Lebenserfahrung. Auch wenn Zahnverlust insgesamt deutlich sinkt, bleibt er ein wichtiges Gesundheitsproblem aufgrund seiner Folgewirkungen. Das Wissenschaftler-Team weist darauf hin, dass soziale Ungleichheiten nach wie vor ein Risikofaktor sind und entsprechend Handlungsbedarf besteht.

Aktualisiert: Zahnärztliche Arzneimittel

Medikamente werden nicht nur in ärztlichen Praxen eingesetzt, sondern auch in zahnärztlichen. Der richtige Umgang mit diesen Arzneimitteln, das Abwägen von Nutzen und Risiken und möglichen Nebenwirkungen wird von der Arzneimittelkommission Zahnärzte übermittelt – in Fortbildungen, aber auch regelmäßig aktualisierten Übersichten. Kürzlich ist die neue entsprechende „Information“ für die Zahnarztpraxen erschienen, Herausgeber dieser 214-Seiten-Publikation sind wie immer die Bundeszahnärztekammer und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung. In so gut wie jedem zahnärztlichen Behandlungsgebiet gibt es Neuerungen, die zu beachten sind. Manche betreffen rechtliche Aspekte wie das korrekte Vorgehen im Umgang mit Betäubungsmitteln, bei anderen geht es beispielsweise um den Arzneimitteleinsatz zur Blutstillung bei Zahnfleischbluten, um Medikamente zur Entzündungsbehandlung und im Notfalleinsatz, um Antibiotika, Schmerzmittel und Wurzelkanalspüllösungen. Ein besonderer Blick gilt dabei vulnerablen Patientengruppen wie beispielsweise Schwangeren und Kinder. Es finden sich aktualisierte Hinweise zu Arzneimittelallergien, zu Wechselwirkungen mit anderen Präparaten und auch zu pflanzlichen Wirkstoffen. Diese umfangreiche Übersicht für die Zahnarztpraxen macht nicht zuletzt deutlich, wie stark die Zahnmedizin auch „Medizin“ ist und welche Rolle ärztliches Denken und Handeln spielen.

Fruchtgummis: Ungesunde Schlafhilfe

Noch eher frisch im Handel sind sogenannte Schlaf-Fruchtgummis, unter verschiedenen Namen. Sie sollen Kindern das Einschlafen erleichtern. Für die Eltern und Kinder eine auf den ersten Blick bequeme Lösung: Ein Fruchtgummi schmeckt dem Kind und die Eltern haben abendliche Ruhe. Auf den zweiten Blick ist zu warnen: Stiftung Warentest hat diese speziellen und vergleichsweise teuren Fruchtgummis auf ihren Gehalt an schlafförderndem Hormon Melatonin geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen: nicht empfehlenswert. Genauer: Vor diesen Produkten wird gewarnt. Grund dafür ist die unklare Deklaration und teilweise Überdosierung des Schlafhormons Melatonin. Eine Überdosierung kann beispielsweise zu Übelkeit führen, Kopfschmerzen und Verdauungsproblemen. Kinderärzte warnen vor Folgen wie Schlafstörungen und beobachten damit das Gegenteil dessen, für was diese Schlaf-Fruchtgummis eigentlich da sein sollen. Darüber hinaus sind nicht alle Produkte zuckerfrei – sie enthalten Glukose oder andere Zuckerarten. Auch aus zahnärztlicher Sicht sind sie daher nicht empfehlenswert, wenn nach dem Kauen kein Zähneputzen erfolgt.