Ist es nur eine Frage des Geschmacks oder eine der Kosten, ob man eine Handzahnbürste bevorzugt oder eine elektrische? Oder gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, die für das eine oder das andere Verfahren sprechen? Über diese Punkte wird seit Erfindung der elektrischen Zahnbürste sowohl in Patienten- wie auch in Zahnärztekreisen intensiv diskutiert. Da sich beide Mundhygiene-Hilfsmittel mit den Jahren natürlich auch weiterentwickelt haben, hat zuletzt der Mundgesundheits-Informationsdienst proDente eine neue Bewertung vorgenommen. Ergebnis: Die elektrischen reinigen klar effektiver. Um dasselbe Ergebnis mit einer Handzahnbürste zu erreichen, müsse man schon wirklich sehr gut und intensiv putzen, so proDente, und das schaffe eigentlich kaum jemand. Dennoch hat die Handzahnbürste mit rund 48 Millionen Nutzern gegenüber der elektrischen Zahnbürste mit rund 35 Millionen Anwendern einen deutlichen Marktvorteil. Im Vergleich ist die „Elektrische“ sogar einfacher in der Anwendung: Die notwendigen Putzbewegungen sind einfacher und werden oft automatisch ausgeführt. Die Zahnärzte legen nicht nur, aber insbesondere Menschen mit Entzündungsneigungen im Mund oder einer bestehenden Parodontitis daher die elektrische Mundpflege nahe. Auch für Patienten mit Bewegungseinschränkungen insbesondere der Handhaltung kann die Elektrische viel Erleichterung bringen. Was für alle Mundreinigungsmaßnahmen gilt: Erstens müssen alle Zahnseiten gründlich geputzt werden, auch die Zahnzwischenräume, und zweitens muss man ausreichend Zeit dafür einsetzen. Das allerdings sind keine wirklich neuen Erkenntnisse – aber sie sind, zeigt die Anzahl an Zahnschäden und Zahnverlust, immer wieder wichtig zu betonen. Und: jedes Mundhygiene-Hilfsmittel nutzt nur dann, wenn es auch benutzt wird. Vielleicht ist der Umstieg auf eine „Elektrische“ diesbezüglich ja motivierend.
Mundentzündungen und Implantate: aktualisierte Leitlinie
Ende März hat die wissenschaftliche Deutsche Gesellschaft für Implantologie (DGI) eine neue Leitlinie zu Implantaten bei Patienten mit bestehenden Entzündungen im Mundgewebe (beispielsweise Mukositis, Periimplantitis) verabschiedet. Das bedeutet, dass im Vorfeld eine Vielzahl aktueller Studien aus dem entsprechenden allgemeinmedizinischen Bereich ebenso wie jüngste Erkenntnisse rund um Implantate und Implantationen ausgewertet und geprüft wurden – entstanden ist daraus eine wissenschaftliche Empfehlung zum Vorgehen auf dem Stand der Zeit, wenn (in diesem Fall) ein Patient mit entzündlichen Vorerkrankungen im Mund Implantat-versorgt werden soll. Diesmal ging die Aktualisierung über bestehende Aspekte früherer Studien deutlich hinaus: Bei den untersuchten Forschungsergebnissen ging es beispielsweise auch um naturheilkundliche Verfahren in der häuslichen Anwendung. Auf ihren nützlichen Aspekt hin geprüft wurden unter anderem die Einnahme von Probiotika, die Auswirkung von Mundduschen und das Nutzen antiseptischer Lösungen. Ergebnis: Diese und weitere Hausmittelchen haben es nicht auf die Liste intensiv geprüfter Empfehlungen seitens 17 unterschiedlicher wissenschaftlicher Fachgesellschaften gebracht und sollten insofern nicht eingesetzt werden – jedenfalls haben sie keinen deutlich spürbaren und vor allem vorhersagbaren Effekt auf die Heilung bewiesen, was ein Grundkriterium wissenschaftlicher Leitlinien ist. Für die Anhänger solcher häuslichen Maßnahmen eine entspannende Nachricht: Sie haben aber auch nicht geschadet. Die weiteren Empfehlungen oder Nicht-Empfehlungen betreffen vor allem das zahnärztliche Vorgehen und die Auswahl spezieller Instrumente und Behandlungsmöglichkeiten.
Demenz: Parodontitis im Blick
Zu den vielen Zusammenhängen von Parodontitis (entzündliche Zahnbetterkrankung) und allgemeingesundheitlichen Problemen und Krankheiten gehören, wie neuere Studien zeigen, auch solche mit Demenz. Eine große Wissenschaftlergruppe hat zu diesem Thema weltweit systematisch medizinbezogene Datenbanken untersucht und entsprechende Studien ausgewertet. Die relevantesten davon machten deutlich, dass Menschen, die an einer Parodontitis leiden, auch mit einer erhöhten Einschränkung ihrer Denkleistung rechnen müssen. Weniger klar ist, warum und wie diese Situationen in Verbindung stehen. Insofern wird nun intensiv weiter dazu geforscht, ob die Bakterien aus der Zahnbettentzündung vielleicht direkt über den Blutkreislauf im Gehirn zu Störungen führen. Auch möglich ist, dass es eine indirekte Gehirnstörung gibt – über Zellen des Immunsystems, und hier kommen vor allem die Entzündungsmarker in Betracht. Aber auch ganz andere Zusammenhänge sind möglich. Es könnte beispielsweise eine eher praktische Ebene sein: Nimmt eine Demenz zu, fällt den Betroffenen Selbstfürsorge und hier auch Hygiene immer schwerer, was in der Konsequenz eine Parodontitis begünstigen kann. Insofern könnte eine Parodontitis auch schlicht Folge einer Demenzerkrankung sein – und nicht etwa der Auslöser. Was man schon heute tun muss, da ein grundsätzlicher Zusammenhang belegt ist: regelmäßig Mundgesundheitskontrollen durchführen zu lassen und auf sorgfältige Mundpflege zu achten. Beratung zu spezifischen Mundhygienehilfsmitteln und weiteren Möglichkeiten gibt es in der Zahnarztpraxis.
Werkstoffwissenschaft: von Schmetterlingen lernen
Warum wirken die Farben auf den blauen Schmetterlingsflügeln so eindrucksvoll, und was kann man von ihnen für die Entwicklung von Zahnfüllungswerkstoffen lernen? Besonders die Farbe Blau ist für die Farbwirkung relevant, das weiß man seit 1706 und der Entdeckung der Farbe Preußischblau. Das Faszinierende an dieser Farbe: Die Pigmente der meisten der in der Natur vorkommenden Blautöne können für Handwerk und Industrie nicht genutzt werden. In der Natur, aber auch für die Farbwirkung von Zahnmaterialien relevant ist: Ob man eine Farbe oder einen Farbton wahrnimmt, hängt von deren Wellenlänge ab und davon, ob sie von einem Objekt absorbiert oder wiedergespiegelt werden. Dies ist bei Dentalwerkstoffen wie Komposit-Füllmaterialien nicht anders: Was sieht man nachher, und was nicht – und warum passt eine Füllung farblich perfekt zur Zahnfarbe und zu den Nachbarzähnen? Und warum manchmal nicht? Welche Rolle spielt die Struktur und die Anordnung der Farbpigmente? Dies untersuchen Werkstoffwissenschaftler anhand des blauen Schmetterlings, wie eine dentale Fachzeitung kürzlich berichtete. Ziel sind Zahnfüllmaterialien, die mühelos den Farb-Wirkungs-Ansprüchen im Mund entsprechen. Wichtig dafür ist das perfekte Zusammenspiel aus chemischen (Farbpigmente) und physikalischen (Struktur) Faktoren. Erste entsprechend entwickelte Materialien sind bereits auf dem dentalen Markt.
Zusammenhänge: Zucker und Depressionen
Das Ergebnis einer Studie ist oft abhängig von der Fragestellung, genauer: Untersucht wird in der Regel ein ganz bestimmter Zusammenhang. Das bedeutet nicht, dass nicht auch – beispielsweise – eine umgekehrte Fragestellung möglich wäre und vielleicht beide Ergebnisse zusammengenommen noch wertvoller sind. Was so kompliziert klingt, lässt sich an einer aktuellen Studie gut demonstrieren: Britische Forscher stellten sich jüngst die Aufgabe, herauszufinden, ob Menschen, die viel Gezuckertes konsumieren, ein höheres Risiko für Depressionen haben. Dazu haben sie immerhin Daten von rund 180.000 Teilnehmern einer britischen Medizinischen Datenbank mit Hilfe spezieller Biomarker ausgewertet, die Aufschluss gaben über das Ernährungsverhalten einerseits und Gesundheitsbelastungen andererseits. Im Ergebnis zeigte sich, dass diejenigen Menschen, die einen eher hohen Zuckerkonsum aufwiesen (von den Forschern als „Naschkatzen“ bezeichnet), im Vergleich zu der Vergleichsgruppe mit gesunder Ernährung ein höheres Risiko für Depressionen aufwiesen. So gelesen könnte man also meinen: Wer viel Zucker zu sich nimmt, bekommt eher eine Depression als Fans von Salaten und Gemüsen. Man kann sich die Frage aber auch umgekehrt stellen, was vor ein paar Jahren eine Wissenschaftler-Gruppe einer kalifornischen Universität gemacht hat: Sie fragten sich, ob Depressive mehr Gezuckertes konsumieren als Nicht-Depressive – und in der Tat bestätigte sich die Erwartung. Jeder schwerer deren Depression war, umso höher der Zucker- und Schokoladen-Konsum. Zusammengenommen zeigen beide Studien jedenfalls sehr deutlich, dass Zucker und Depression in Zusammenhang stehen. Nur das Wie ist noch offen, denn die Grund-Frage, ob Zucker eine Depression verschlimmert oder vermindert, ist noch nicht klar beantwortet. Der Volksmund hat dazu eine klare Meinung: Schokolade kann trösten, heißt es. Ob dieser Trost auf der biologischen Ebene alles erleichtert oder gar verschlimmert: Dies zu klären, steht jetzt auf dem Aufgabenblock der Wissenschaft.