Manche ältere Patienten haben jeden Tag eine ganze Batterie an Tabletten vor sich: eine gegen Bluthochdruck, eine andere gegen Diabetes, wieder andere gegen dies oder für jenes. So herausfordernd es ist, bei einer Vielfalt an Arzneimitteln mögliche Kontraindikationen und unerwünschte Nebenwirkungen nicht aus dem Blick zu verloren – so anspruchsvoll macht eine solche Ausgangslage auch die Behandlungsplanung beim Zahnarzt. Manche dieser für die Grunderkrankungen wichtigen Medikamente führen zu unterwünschten Nebenwirkungen im Mund und beeinflussen die Behandlungsschritte beispielsweise bei einer Parodontitis. Nun hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) herausgefunden, dass im Jahr 2022 rund 8,3 Millionen Menschen in höherem Lebensalter – rund jeder Zweite über 65 Jahre, darunter mehrheitlich Frauen – mindestens einmal ein möglicherweise unpassendes Medikament verschrieben bekommen habe. Grund für möglicherweise problematische Zusammenstellungen sei nicht zuletzt, dass die Anzahl der gleichzeitig verordneten Medikamente mit steigendem Alter zunehme: Fast jeder zweite über 65jährige Patient erhielt mehr als fünf verschiedene Wirkstoffe. Dennoch gebe es eine erfreuliche Entwicklung: Der Verordnungsanteil an möglicherweise unpassenden Arzneimitteln sei in den zurückliegenden zehn Jahren spürbar zurückgegangen. Nach wie vor aber sind solche komplexen Medikationen eine Herausforderung auch für die Zahnarztpraxen – insofern sollten Patienten bei anstehenden zahnärztlichen Behandlungen immer aktuell über ihre aktuell eingenommenen Medikamente berichten.
Pflegebedürftige: Problem Mundhygiene
Dass die Pflegeeinrichtungen – unabhängig davon, ob in Form eines Heimes oder in mobiler Versorgung der Pflegepatienten zuhause – überlastet sind und die zur Verfügung stehende Zeit kaum ausreicht, um alle anstehenden Aufgaben zu erfüllen, ist hinlänglich bekannt. Dennoch gibt es Bereiche, die vielfach offenbar nicht zu den „anstehenden Aufgaben“ gerechnet werden und insofern oft unterbleiben, was vielfältige Risiken nach sich zieht: die Maßnahmen zur Mundgesundheitspflege beispielsweise. In einem Fachbeitrag in einer zahnärztlichen Zeitung hieß es, dass bei einer Untersuchung von Bewohnern in einem Pflegeheim deutlich wurde, dass mancher Bewohner schon mehr als zwei Jahre keine Zahnbürste mehr gesehen hatte. Die Folgen nicht entfernter bakterienbelasteter Zahnbeläge sind weitgehend bekannt: Zahnverlust, Atrophie von Kieferknochen, Zahnbettentzündungen, Einatmen von bakteriellen Zahnbelägen und damit Risiken für die Gesundheit der Atmungsorgane, Ernährungsstörungen, Schmerzen und vieles weitere mehr. Um das Pflegepersonal zu entlasten, könnten entsprechend ausgebildete Prophylaxe-Mitglieder im Team einer Zahnarztpraxis einspringen – wenn dies so einfach wäre wie es auf den ersten Blick scheint. Nicht nur mangelt es auch in den Zahnarztpraxen inzwischen an Fachkräften, auch rechtliche Aspekte vielfältiger Art setzen hier Limitierungen. Die Heimträger sollten zu Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages auch in Sachen Mundgesundheit verpflichtet werden, so der Autor des Artikels. Bei rund 8000 Pflegeheimen und rund 850.000 Bewohnern in Deutschland zeige sich das Ausmaß des Problems, das eine Lösung einfordere.
Diabetes: Kauen hilft
Diabetes Typ 2 ist eine chronische Zucker-Stoffwechselerkrankung. Die Aufgaben des Hormons Insulin im Körper sind gestört, es wirkt nicht ausreichend – mit manchmal nur lästigen, bei schlechter medikamentöser Einstellung aber auch gefährlichen Auswirkungen auf Wohlbefinden und Gesundheit. Vor fast fünf Jahren ergab eine Untersuchung, dass weltweit fast eine halbe Milliarde Menschen unter Diabetes-Typ2 leidet – insofern verwundert es nicht, dass auf vielen medizinischen und pharmakologischen Ebenen nach Lösungen zur Vermeidung der Entstehung oder Linderungen der Auswirkungen auf die Gesundheit gesucht wird. In einem international sehr renommierten wissenschaftlichen Journal wurde nun eine weitere Studie zur Thematik vorgestellt – mit interessanten Ergebnissen: Eine Forschergruppe aus den USA hat Diabetes-Erkrankte hinsichtlich ihres Kauverhaltens untersucht und festgestellt, dass diejenigen Diabetiker, die gut und ausreichend lang ihre Nahrung kauen konnten, einen deutlich niedrigeren Blutzuckerspiegel aufwiesen als Vergleichspersonen mit Kauproblemen. Kauen sei nicht nur mechanisch wirksam, sondern löse auch hormonelle Prozesse im Körper aus, beispielsweise werde die Insulinausschüttung erhöht. Die Wissenschaftler ziehen daraus den Schluss, dass eine vollwertige Zahnreihe, die über die Belastungen beim Kauen solche Hormonauswirkungen hervorruft, nicht zuletzt für Diabetes-Patienten hilfreich sei, und empfahl, fehlende Zähne durch Implantate zu ersetzen: Über das Implantat, eine Ersatz-Zahnwurzel, würden ebenfalls Signale an das Nervengeflecht im Kiefergewebe geschickt.
Zahnpasta: nicht ohne Fluorid
Nicht nur in Zeitschriften und Tageszeitungen wird zunehmend intensiver und mit wissenschaftlichem Hintergrund über zahnmedizinische Themen berichtet: Auch eine große bundesweite Wochenzeitung hat sich kürzlich des Themas angenommen – und dabei eine neue Zahnpasta in den Blickpunkt gestellt. Diese enthalte ein zahnschmelzähnliches Material (Hydroxylapatit) und eine Art Kamilleöl für die Beruhigung von Zahnfleisch und Zahnnerv. Der Autor vergleicht das Verfahren dieser Zahncreme zur Reparatur kleiner Zahnschmelzschäden mit der Nutzung von Spachtelmasse bei Löchern in Wand oder Holz – und hinterfragt, ob das wirklich vergleichbar gut funktioniere. Da blieben doch viele Fragen offen, so der Zeitungsjournalist. Zudem fehle etwas Wesentliches, um zahnfreundlich zu sein: Fluorid. Und dann folgt, was wahrlich selten in einer Nicht-Fachzeitschrift ist: eine lange Ode an die Wichtigkeit von Fluoriden und warum sie den Menschen keine Angst machen sollten. Schließlich handele es sich bei den Fluoriden nicht um das chemische Element Fluor, das gasförmig und in der Tat giftig sei – sondern um einen Abkömmling mit gänzlich anderen, in diesem Falle hilfreichen Eigenschaften. Wenn man fluoridierte Zahnpasta nutze, vergifte man sich nicht, schütze aber seine Zähne vor Karies. Die wissenschaftliche Deutsche Gesellschaft für Prävention untermauert dies: Sie rät explizit von Zahnpasten ab, die kein Fluorid zur Kariesprophylaxe enthalten.
Immer populärer: Sachwissen rund um Parodontitis
Während es früher vor allem zahnmedizinische Patienten-Zeitschriften waren, die die Besucher von Zahnarztpraxen über Karies und besonders Parodontitis, die Zahnbettentzündung, aufgeklärt haben, finden sich ausführliche Beiträge insbesondere zu Parodontalgesundheit und –krankheit inzwischen immer öfter auch in Zeitschriften und auf Gesundheitsseiten in Tageszeitungen. Ein Beispiel dafür ist eine große Hamburger Zeitung, die dem Thema Parodontitis Mitte Oktober fast eine ganze Seite widmete. Hier war es ein Ernährungsmediziner, der sich diesem Thema annahm. Er arbeite schon sehr lange mit einem Parodontologen zusammen in seiner Schwerpunktpraxis zu Diabetes, berichtete er in dem Beitrag. Immerhin hätten 70 % der Diabetiker eine Zahnbetterkrankung, sagte er – und eine gesunde Ernährung habe eine gute Chance, die gefährlichen Risiken beider Erkrankungen zu minimieren. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass ungesunde Ernährung beide Krankheiten verschlimmern könne. Insbesondere der Zucker in der Ernährung führe zu kritischem Zahnbelag, der Hart- und Weichgewebe im Mund zerstören könne. Er empfiehlt natürliche, zuckerfreie oder zumindest zuckerarme Ernährung mit vielen kauintensiven Ballaststoffen, Vollkornprodukte und Nüsse. Ein Blutbild könne zudem Aufschluss geben, ob relevante Vitamine und Mineralien ausreichend vorhanden seien. Wer Diabetes und Parodontitis vermeiden oder die Entwicklung in den Griff bekommen wolle, könne sich unterstützend ernährungsmedizinisch beraten lassen.
Zähne züchten: Wissenschaft schreitet voran
Schon sehr lange reichen Versuche zurück, Zähne künstlich zu züchten und damit bei Zahnverlusten „nachwachsende“ Zähne zu nutzen, wie sie beispielsweise Haifische haben. Bisher zeigten die wissenschaftlichen Arbeiten dazu kein nachhaltig überzeugendes Ergebnis. Einen neuen Anlauf starteten nun US-amerikanische Forscher: Sie nutzen dabei das bestehende Wissen rund um die Einsatzmöglichkeiten von Stammzellen. Damit ein neuer Zahn wachsen kann, müssen Zellen namens Ameloblasten vorhanden sein, die Zahnschmelz und Zähne produzieren. Und diese Ameloblasten mussten im Labor erzeugt werden. Damit fötale Stammzellen, die sich in vielerlei Richtung weiterentwickeln können, zu Ameloblasten werden, mussten die Wissenschaftler erst einmal verstehen, welche notwendigen Genaktivitäten in welchem Entwicklungsstadium bei solcher Zellbildung ablaufen. Die Ziele, die die Forscher im Blick haben, sind vielfältig: Nicht nur ganze Zähne sollen wachsen können, sondern vielleicht auch Zahnfüllungen. Eine Stammzell-Mischung anstelle einer klassischen Zahnfüllung: Das Kariesloch wird nicht gestopft, sondern der Zahn heilt nach Ausreinigung mit gesundem Material wieder zu. Was nach Sciene Fiction klingt, ist zumindest in den Köpfen der Wissenschaftler bereits Programm.
Diastema: schön oder Baufehler der Natur?
Wie bei manchen anderen körperlichen Merkmalen auch, entscheiden Kultur und Schönheitsempfinden darüber, ob man eine Abweichung von der natürlichen Norm als ästhetisch oder als ungesund einschätzt. Eine entsprechend angelegte Studie britischer Forscher, über die eine große Zahnarzt-Zeitschrift berichtete, machte dies an der ästhetischen Bewertung einer Zahnlücke zwischen den oberen Frontzähnen (Diastema) fest. Während hierzulande eine solche Zahnlücke meist als Zahnfehlstellung angesehen und entsprechend oft ausgleichend kieferorthopädisch behandelt wird, sehen dies Westafrikaner anders. Ein Diastema gilt dort sogar als natürliches Schönheitsideal, und auch in Europa beispielsweise zeigen sich inzwischen immer mehr Models mit Zahnlücke und machen dies sogar zu ihrem Markenzeichen. Die britische Studie lieferte fachliche Hintergründe zum Auftreten eines Diastemas, das auf entwicklungsbedingte Ursachen in Form und Aufbau des Kieferbereiches zurückgehen, aber auch bei einem Unfall, einer Zahnbetterkrankungen oder bei Verhaltensweisen wie Daumenlutschen entstehen kann. Auch die Größe der Zahnlücke spielt eine Rolle bei der ästhetischen Bewertung: Fast alle der rund 3500 befragten westafrikanischen Frauen finden eine deutliche Zahnlücke zwischen den beiden Frontzähnen so reizvoll, dass sie auch eine kieferorthopädische Behandlung in Kauf nehmen würden, um ein solches Diastema zu erreichen. Die Zahnlücke werde als ein Zeichen für bevorstehenden Wohlstand und für Glück im Leben erachtet. Solange die Zahnlücke einen symmetrischen Eindruck erzeugt und den „Goldenen Schnitt“ unterstützt, ist sie in Westafrika ein Schönheitsideal.
Querschnittstudie: Parodontitis und Migräne
Insgesamt acht Studien wurden von Wissenschaftlern aus den arabischen Emiraten einer vergleichenden Untersuchung unterzogen mit dem Ziel, nach Zusammenhängen von Parodontitis und chronischer Migräne zu suchen: Das berichtete kürzlich eine große zahnärztliche Zeitschrift. Fast 1200 Patientinnen und Patienten mit Migräne wurden bei den Untersuchungen berücksichtigt. Der Blickpunkt lag vor allem auf Biomarkern im Blut und auf Entzündungszellen. Ergebnis: Ein Zusammenhang ist offenkundig. Bei den Migräne-Patienten fanden sich viele entsprechende Biomarker, das heißt, Zellen, die darauf hinweisen, ob das System gesund oder krank ist. Bei einer kritischen Biomarker-Situation, wie sie bei der Zahnbett-Entzündung Parodontitis vorliegt, zeigte sich ein erhöhtes Risiko, dass eine Migräne chronisch wird und auch, dass ihre Symptome belastender werden können. Gegengeprüft werden soll die Studie nun noch daraufhin, ob antientzündliche Medikamente einen Einfluss auf die Migräne-Auswirkungen haben könnten. Für Migräne-Betroffene macht es nichtsdestotrotz Sinn, ihre Zahnbettgesundheit untersuchen und gegebenenfalls optimieren zu lassen.
1. Milch: Ist jede gut für die Zähne?
Kuhmilch spielt bei der Mundgesundheit eine positive Rolle: Die Inhaltsstoffe wirken schützend auf den Zahnschmelz. Kalzium, Phosphate und die Milchproteine (Kaseine) sind hier vor allem zu nennen. Sogar der Milchzucker, die Lactose, ist weniger zahnschmelzschädigend als andere zuckerartige Kohlenhydrate. Eine neue Studie aus Australien besagt klar: Milch und Milchprodukte wie Joghurt und Käse wirken sich positiv auf die Zahngesundheit aus. Das ist nun keine ganz neue Erkenntnis, aber die Studie beurteilte die Rolle von Milch diesmal im Vergleich zu Milchersatz-Getränken aus pflanzlichen Stoffen, beispielsweise Hafermilch, Mandelmilch, Sojamilch und andere vergleichbare Produkte. Auch unabhängig davon, ob diese Pflanzenmilch-Produkte zusätzlich gesüßt wurden, erwiesen sie sich als weniger zahnfreundlich, genauer: Sie schützten weniger vor Karies. Manchen dieser Pflanzenmilch-Angebote wird inzwischen Kalzium zugesetzt, um wenigstens ein wenig an den knochen- und zahnschützenden Effekt von Kuhmilch heranzukommen. Da Pflanzenmilch-Produkte zudem eine höhere Zucker-Belastung (Glukose, Maltrose, Saccharose u.a.) aufweisen und damit den Speichel zu einer eher säurelastigen Flüssigkeit werden lassen, zudem weniger Gesamtprotein beinhalten als Kuhmilch, bestätigen die australischen Wissenschaftler die eingangs gemachte Kuhmilch-Einschätzung: Während diese zu den mundgesundheitsförderlichen Nahrungsmitteln zählt, erweisen sich die Pflanzenmilch-Alternativen im Vergleich eher als Kariesrisiko.
Zähneknirschen: erhöhtes Risiko für weitere Erkrankungen
Wer mit den Zähnen knirscht oder sie zusammenpresst („Bruxismus“) und damit in der Mund-Kiefer-Region für Verspannungen, Verkrampfungen oder gar Verletzungen sorgt, hat ein deutliches Risiko, sagen belgische Forscher, auch an anderen Muskel-Knochen-Stellen des Körpers Erkrankungen zu erleiden. Sie haben 425 Menschen im Alter zwischen 26 und 54 Jahren untersucht, um zu prüfen, ob und wenn ja, welche anderen muskuloskelettalen Störungen im Körper vorhanden waren. Mitabgefragt wurden entsprechende Schmerzen, die Lebenssituation sowie die Stressbelastung der Studienteilnehmer. Drei Viertel aller Probanden hatten Bruxismus-Probleme und neun von zehn Patienten im zurückliegenden Jahr eine muskuloskelettale Erkrankung (beispielsweise Weichteilrheuma, Rückenschmerzen, Arthrose, Osteoporose). Das Risiko, eine solche Erkrankung – vor allem Schmerzen im Rücken, in der Schulter- und Nackenregion, im Hüft- und Oberschenkelbereich sowie im Knie – zu erleiden, war bei den Studienteilnehmern mit Bruxismus um das Fünffache erhöht. Der Mund, so die Wissenschaftler, stehe halt in enger Verbindung zum gesamten Körper, Belastungen im Bereich des Bewegungsapparates seien nicht an einer Stelle lokalisiert, sondern stünden mit dem muskuloskelettalen System des gesamten Körpers in Verbindung. Man habe allerdings nur nach solchen Verbindungen geschaut – nicht nach kausalen Zusammenhängen: Ob Knirschen also Knie- oder Rückenschmerzen auslöse oder umgekehrt, sei mit der Studie weder gesagt noch ausgeschlossen.